Vor kurzem wurde ich spätabends von Noom angerufen: „Kannst du mir bitte einen Gefallen tun und morgen mit auf die Stadttour kommen? Ich werde von einem Magazin interviewt, die Fotografen wollen auf eine Tour mitkommen und dort Bilder machen. Wäre genial wenn du es schaffst, bring dein Fahrrad mit!“.
Ich sagte zu, legte auf, und starrte betroffen auf meine Hände.
Noom ist ein Bekannter von mir hier in Bangkok. Er ist ein zurückhaltender Thai mit einem dezenten, sympathischen Lispeln, das er hinter einem freundlichen Lächeln zu verstecken versucht. Von seinem kleinen Shop aus, der direkt neben einem großen Tempel gelegen ist, leitet er Fahrradtouren durch Bangkok und Umgebung. Vor einiger Zeit hat er mich umsonst auf eine 120 Kilometer Tour mitgenommen, für die die anderen in der Gruppe viel Geld bezahlt haben. Versteht sich von selbst, dass ich ihm gerne helfe. Für ein Fotoshooting war das allerdings verdammt schlechtes Timing – noch nicht einmal während meiner Zeit auf der Kartoffelerntemaschine sahen meine Hände so schlimm aus wie an diesem Tag…
Am Wochenende vor besagter Städtetour war ich wieder mit meinen Kletterfreunden unterwegs, ein Stückchen nördlich von Bangkok in einem erstaunlich unberührten Gebiet. Momentan gehe ich oft klettern, sowohl in der Halle als auch, wann immer ich kann, am echten Fels. Keine zwei Stunden außerhalb von Bangkok gibt es wunderschöne Klippen, Schluchten, Höhlen und Dschungellandschaften zu entdecken.
Um zum Fels zu gelangen, mussten wir uns diesmal durch den Dschungel schlagen. Einen Weg hatte es vor langer Zeit vielleicht einmal gegeben, doch Dornbüsche, Lianen und Bäume hatten ihn sich schon längst zurückerobert. Als wir endlich unser Ziel erreichten, sahen wir alle wie vergewaltigt aus, obwohl wir noch nicht einmal mit dem Klettern angefangen hatten.
Der wenig bestiegene Fels war scharf und frisch, mit winzigen Griffen, perfekt zum eher technischen Klettern. Ich liebe diese Art von Routen, sie haben nur einen Nachteil: die Felskanten fressen sich langsam aber sicher selbst durch die dickste Hornhaut und nach zwei vollen Klettertagen bleibt von den Fingerspitzen nicht mehr viel übrig.
Als ich nach dem Wochenende nach Hause kam, erntete ich betroffene Blicke von meinen Mitbewohnern und ließ eine vollkommen schockierte Masseurin im Massagestudio zurück. Meine Beine waren von Wunden und blauen Flecken übersäht, meine Hände zerrissen. Doch das war leider noch nicht alles.
Am Tag darauf hatte meine Zimmergenossin einen freien Tag und wir beschlossen, endlich unsere Vorhänge aus ihrem tristen, grauen Dasein zu befreien. Ausgerüstet mit Gummibändern, Schnüren und Batikfarbe, machten wir uns an die Arbeit. Bei der Farbe hatten wir uns auf ein saftiges Magentarot geeinigt, das unser blaulastiges Zimmer auffrischen sollte. Unbedacht gingen wir ans Werk und schnürten, färbten, tunkten und wuschen stundenlang, bis wir mit dem Ergebnis zufrieden waren. Nur an eine Kleinigkeit hatten wir nicht gedacht: Handschuhe. Kurz danach rief Noom an.
Es war ein wunderschöner Morgen, so wie jeder Fotograf es sich nur wünschen konnte. Die Sonne funkelte auf Bangkok herab und das graue Wolkendickicht, das in den letzten Tagen träge über der Stadt gehangen hatte, hielt sich heute fern. Das Sonnenlicht ließ den riesigen Tempel neben dem Fahrradshop in voller Pracht erstrahlen und die Fotografen knipsten begeistert drauf los. Zwei weitere von Nooms Freunden waren schon vor Ort und bereit zu starten, als ich auf meinem Fahrrad angeradelt kam. Ich versuchte meine Hände so gut es ging zu verstecken, und vorerst schien es zu funktionieren.
Wir fuhren los mit unserer kleinen Gruppe aus Fahrradfreunden und Fotografen. Es ging durch versteckte, verwunschene Gassen von Bangkok, vorbei an prachtvollen Tempeln und winzigen Kaffeelädchen. Dann hielten wir an für ein paar Fotos, auf denen ich und zwei andere Mädels mit unseren Rädern zu sehen sein sollte.
Zum ersten Mal musterte mich der Fotograf von oben bis unten. Der Schock stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Nicht nur waren meine Beine immer noch fleckig von den ganzen Verletzungen, meine Hände waren der wahre Blickfang. Ich sah aus, als hätte ich gerade jemanden ermordet und vergessen, mir danach die Hände zu waschen. Die rote Batikfarbe war in jeder Ritze meiner aufgeschürften Hände hängengeblieben. Vor allem meine Fingerspitzen und meine Nagelhaut glühten in einem penetranten Rot. Keine Bürste, keine Seife, keine Schrubb-Technik, gar nichts hatte geholfen, um die Farbe von der Haut zu bekommen.
Doch Thais sind unglaublich freundlich. Manchmal zu freundlich. Der Fotograf rang kurz um Fassung, atmete ein paarmal tief ein und versuchte dann, wie gewohnt seinen Job zu machen.
Ich bin mir sicher, dass er nur zu nett war, um mich aus dem Bild zu schicken. Wenn ich Glück habe, werde ich beim Überarbeiten rausgeschnitten.
Ich sagte zu, legte auf, und starrte betroffen auf meine Hände.
Noom ist ein Bekannter von mir hier in Bangkok. Er ist ein zurückhaltender Thai mit einem dezenten, sympathischen Lispeln, das er hinter einem freundlichen Lächeln zu verstecken versucht. Von seinem kleinen Shop aus, der direkt neben einem großen Tempel gelegen ist, leitet er Fahrradtouren durch Bangkok und Umgebung. Vor einiger Zeit hat er mich umsonst auf eine 120 Kilometer Tour mitgenommen, für die die anderen in der Gruppe viel Geld bezahlt haben. Versteht sich von selbst, dass ich ihm gerne helfe. Für ein Fotoshooting war das allerdings verdammt schlechtes Timing – noch nicht einmal während meiner Zeit auf der Kartoffelerntemaschine sahen meine Hände so schlimm aus wie an diesem Tag…
Am Wochenende vor besagter Städtetour war ich wieder mit meinen Kletterfreunden unterwegs, ein Stückchen nördlich von Bangkok in einem erstaunlich unberührten Gebiet. Momentan gehe ich oft klettern, sowohl in der Halle als auch, wann immer ich kann, am echten Fels. Keine zwei Stunden außerhalb von Bangkok gibt es wunderschöne Klippen, Schluchten, Höhlen und Dschungellandschaften zu entdecken.
Um zum Fels zu gelangen, mussten wir uns diesmal durch den Dschungel schlagen. Einen Weg hatte es vor langer Zeit vielleicht einmal gegeben, doch Dornbüsche, Lianen und Bäume hatten ihn sich schon längst zurückerobert. Als wir endlich unser Ziel erreichten, sahen wir alle wie vergewaltigt aus, obwohl wir noch nicht einmal mit dem Klettern angefangen hatten.
Der wenig bestiegene Fels war scharf und frisch, mit winzigen Griffen, perfekt zum eher technischen Klettern. Ich liebe diese Art von Routen, sie haben nur einen Nachteil: die Felskanten fressen sich langsam aber sicher selbst durch die dickste Hornhaut und nach zwei vollen Klettertagen bleibt von den Fingerspitzen nicht mehr viel übrig.
Als ich nach dem Wochenende nach Hause kam, erntete ich betroffene Blicke von meinen Mitbewohnern und ließ eine vollkommen schockierte Masseurin im Massagestudio zurück. Meine Beine waren von Wunden und blauen Flecken übersäht, meine Hände zerrissen. Doch das war leider noch nicht alles.
Am Tag darauf hatte meine Zimmergenossin einen freien Tag und wir beschlossen, endlich unsere Vorhänge aus ihrem tristen, grauen Dasein zu befreien. Ausgerüstet mit Gummibändern, Schnüren und Batikfarbe, machten wir uns an die Arbeit. Bei der Farbe hatten wir uns auf ein saftiges Magentarot geeinigt, das unser blaulastiges Zimmer auffrischen sollte. Unbedacht gingen wir ans Werk und schnürten, färbten, tunkten und wuschen stundenlang, bis wir mit dem Ergebnis zufrieden waren. Nur an eine Kleinigkeit hatten wir nicht gedacht: Handschuhe. Kurz danach rief Noom an.
Es war ein wunderschöner Morgen, so wie jeder Fotograf es sich nur wünschen konnte. Die Sonne funkelte auf Bangkok herab und das graue Wolkendickicht, das in den letzten Tagen träge über der Stadt gehangen hatte, hielt sich heute fern. Das Sonnenlicht ließ den riesigen Tempel neben dem Fahrradshop in voller Pracht erstrahlen und die Fotografen knipsten begeistert drauf los. Zwei weitere von Nooms Freunden waren schon vor Ort und bereit zu starten, als ich auf meinem Fahrrad angeradelt kam. Ich versuchte meine Hände so gut es ging zu verstecken, und vorerst schien es zu funktionieren.
Wir fuhren los mit unserer kleinen Gruppe aus Fahrradfreunden und Fotografen. Es ging durch versteckte, verwunschene Gassen von Bangkok, vorbei an prachtvollen Tempeln und winzigen Kaffeelädchen. Dann hielten wir an für ein paar Fotos, auf denen ich und zwei andere Mädels mit unseren Rädern zu sehen sein sollte.
Zum ersten Mal musterte mich der Fotograf von oben bis unten. Der Schock stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Nicht nur waren meine Beine immer noch fleckig von den ganzen Verletzungen, meine Hände waren der wahre Blickfang. Ich sah aus, als hätte ich gerade jemanden ermordet und vergessen, mir danach die Hände zu waschen. Die rote Batikfarbe war in jeder Ritze meiner aufgeschürften Hände hängengeblieben. Vor allem meine Fingerspitzen und meine Nagelhaut glühten in einem penetranten Rot. Keine Bürste, keine Seife, keine Schrubb-Technik, gar nichts hatte geholfen, um die Farbe von der Haut zu bekommen.
Doch Thais sind unglaublich freundlich. Manchmal zu freundlich. Der Fotograf rang kurz um Fassung, atmete ein paarmal tief ein und versuchte dann, wie gewohnt seinen Job zu machen.
Ich bin mir sicher, dass er nur zu nett war, um mich aus dem Bild zu schicken. Wenn ich Glück habe, werde ich beim Überarbeiten rausgeschnitten.