Wie ihr anhand meines sehr verspäteten Eintrags vielleicht schon erraten habt, lebe ich hier ohne Internet, ohne Kalender, ohne Zeitgefühl. Es ist fast unmöglich, den momentanen Wochentag zu erraten oder „nur mal schnell Facebook zu checken“. Ein voller Genuss, denn so Leid mir die ganzen fehlenden Einträge tun, tut es doch unglaublich gut nicht mit einem Smartphone um die Aufmerksamkeit des Gegenübers kämpfen zu müssen.
Vor einigen Tagen hat die Regenzeit eine erste Runde eingeläutet. Ich bin mit dem Motorbike ins nahegelegene Dorf gefahren um ein paar Einkäufe zu erledigen. In einem Moment lief ich noch nichtsahnend die Straße entlang und wünschte mir in meinen schweißdurchtränkten Klamotten den Nordpol herbei, im nächsten Moment wurde mir zwar kein Schnee, dafür aber eine solide Regenwand geliefert. Einer dieser Regenfälle, wo man nicht singend durch die warmen Tropfen hüpfen will, sondern sich fragt, ob zwischen dem ganzen Wasser noch genug Luft zum atmen bleibt. Das ganze Camp inklusive der dorthin führenden Straße verwandelte sich in Sekundenschnelle in einen überdimensionalen Matschhaufen und das Motorrad brachte mich nur mit einiger Mühe sicher zurück.
Ein paar Tage lang ging es so weiter. Glühend heiße Tage, nur unterbrochen von regelmäßigen, harten Regenfällen samt greller Blitze und einem Donner, der wortwörtlich die Bungalows zum beben brachte. Wir dachten schon, die Regenzeit wäre nun vollends eingebrochen und wir müssten bald vom Planschbecken aus losklettern (scheinbar war das in der vorherigen Saison tatsächlich der Fall). Doch urplötzlich waren die Regeneskapaden wieder vorbei. Zurück blieb nur die gewaltige Reaktion des Dschungels auf das ganze frische Wasser.
Kleine Bäume, neue Lianen und allerlei Pflänzchen sprossen über Nacht aus dem Boden, die zuvor teils kahlen Felsklippen leuchteten in einem übernatürlich saftigen grün, und aus allen Ecken krochen haufenweise Kreaturen.
„Kreaturen“ ist so ziemlich die bestmögliche Beschreibung, die ich liefern kann. Ungewöhnliche Insekten, Geckos, Schlangen, Vögel, sowie die verrücktesten Kreuzungen aus all diesen laufen einem beim Klettern über den Weg.
Es gibt hier wirklich die seltsamsten Insekten. Gerade eben erst ist neben mir eine Kreatur gelandet, die aussieht wie eine fingerdicke Ameise mit Flügeln, zwei kaum verbundenen Körperteilen und einem roten Streifen. Ich habe schon türkisschimmernde Riesenbrummer, gestreifte Bienenfliegen und übergroße Flugkäfer gesichtet, dazu mehr Schmetterlinge als zuvor in meinem ganzen Leben zusammen. Manche Insekten sehen aus wie aus einem Märchenbuch, andere wie aus einem Horrorfilm.
Es ist jedenfalls eine außergewöhnliche Welt in der ich momentan lebe und arbeite und es tut gut, den Großstadtdschungel Bangkok eine Weile lang für den echten Dschungel in Laos eingetauscht zu haben. Doch meine Zeit in Laos läuft langsam ab. Bald wird das Camp bis Oktober über die Regenzeit geschlossen. Dann heißt es für mich auf zum nächsten Abenteuer und für euch hoffentlich wieder regelmäßigere Geschichten.