Bevor ich meine Familie über die Weihnachtsfeiertage in Bangkok treffen wollte, hatte ich noch genügend Zeit, mich ein wenig am Strand zu entspannen. Nach ein paar genialen Klettertagen an den Kalksteinklippen von Tonsai Beach in der Provinz Krabi fiel mir auf, dass sich meine Aufenthaltsgenehmigung für Thailand dem Ende zuneigte. Also schlürfte ich schweren Herzens meine letzte Kokosnuss und schmiss Bikini und Kletterschuhe zurück in die Tiefen meines Rucksacks. Ich musste einen spontanen „Visa Run“ nach Malaysia machen (Visa Run= zu einer Landesgrenze fahren und für kurze Zeit ausreisen, um ein neues Visum zu erhalten).
Ein Boot sollte mich am nächsten Tag frühmorgens zur nächstgelegenen Stadt bringen, damit mich dort der Bus zur malaysischen Grenze aufgabeln konnte. Allerdings hielt es nur an einem benachbarten Strand und nicht meinem eigenen, weswegen mir eine kleine Wanderung durch den Dschungel bevorstand. Kleine Dschungelwanderungen haben den Nachteil, dass sie mit gefühlten 100 Kilo Gepäck auf dem Rücken gar nicht so klein sind – vor allem wenn es noch so früh am Morgen ist, dass man seine eigenen Füße kaum sehen kann.
Ich schulterte mein Gepäck und ging gemeinsam mit der aufgehenden Sonne los.
Die Tage zuvor war ich denselben Weg schon hundertmal gegangen und immer recht schnell und problemlos am anderen Strand angekommen. Jetzt kam ich nur halb so schnell voran und war deshalb ein doppelt so leichtes Ziel für die Mücken. Sie schwirrten noch leicht verschlafen durch die Luft und waren verwirrt, als sie plötzlich ein riesiges, schweißüberströmtes, mit köstlichem Blut gefülltes Stück Frischfleisch an sich vorbeilaufen sahen. Wer konnte schon dumm genug sein so unvorbereitet direkt in ihre Mitte zu stolpern?
Eine kleine, schüchterne Mücke setzte sich auf meinen Arm und begann zögerlich, ein Loch durch meine Haut zu bohren. Ich war vollkommen darauf konzentriert, nicht auf einem Stein auszurutschen und entweder den Hang hinunterzurollen oder wie ein dicker Käfer an meinen Rucksack gefesselt auf dem Rücken zu landen, und beachtete sie nicht weiter.
Ein schwerer Fehler.
Es dauerte keine 10 Sekunden, bis es nicht mehr eine schüchterne Mücke war, sondern dutzende angriffslustige. Aufgeregt umschwirrten sie mich und bissen gierig jeden Körperteil, den sie bekommen konnten.
Ich schlug um mich, während ich versuchte auf dem schmalen, steilen, rutschigen Weg nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen. Jedes freie Stück Haut war mit so vielen Mücken übersäht, dass ich mit einem Schlag fünf von ihnen zermatschen konnte, was blutige, schwarze Kleckse hinterließ.
Auf einem nahegelegenen Baum sah ich ein paar Affen faulenzen und sich gegenseitig im Fell herumstochern. Sie hielten inne und beobachteten belustig das Schauspiel, das sich ihnen bot. Das Mädchen mit dem riesigen Rucksack schien eine Art aggressives Morgengymnastik zu machen. Oder war es vielleicht ein Tanz, Harlem Shake Style?
Nach einer nervenaufreibenden Stunde voller Schweiß und Mückenstiche, spuckte mich der Dschungel wieder aus. Keuchend und übersäht mit seltsamen, rot-schwarzen Flecken, kam ich gerade noch rechtzeitig an, um auf mein Boot zu springen.
Fortsetzung folgt..